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Menschenrechte in Katar

Der Anpfiff war bereits am Sonntag, im Fernsehen habe ich die Eröffnungsfeier und die Highlights des ersten Spiels gesehen. Dann kam aber sofort die Frage auf, ob wir dies überhaupt anschauen sollten und weshalb die WM bei uns so umstritten ist. Mit diesem Bericht versuche ich so neutral wie möglich zuerst die mir vorliegenden Informationen zusammenzutragen, um diese dann kurz zu bewerten und die möglichen Aktionen gegen die WM, wie zum Beispiel einen Boykott, zu erklären, um dann zuletzt zu bewerten, ob diese wirklich wirksam wären.

Weshalb ist die WM so umstritten?

Die Fußball WM der Männer 2022 findet gerade in Katar statt. Das Land liegt im Nahen Osten. Dass die WM 2022 in Katar stattfindet, wurde bereits vor rund 12 Jahre beschlossen und ist seither sehr umstritten. Unter anderem weil die Gastarbeiter, welche die Stadien erbaut haben, schlecht behandelt wurden. Zum Beispiel sind, laut einem einen Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International von 2021, 15.000 Gastarbeiter während der Zeit von 2010 bis 2019 gestorben. Unklar ist allerdings, ob dies auf der Arbeit war oder wie die Menschen gestorben sind. Die FIFA spricht nun von 3 Arbeitsunfällen mit Todesfolge. Aber egal wieviel: einer ist für mich schon zu viel. Außerdem wurden die Gastarbeiter laut „Schroedel aktuell“ schlecht behandelt und wohl auch schlecht bezahlt. Es gibt auch viele Diskussionen bezüglich der allgemeinen Lebensweise in Katar mit den dortigen Menschenrechten sowie dem Umgang mit Homosexualität, welche in Katar verboten ist. Frauen und Männer werden in Katar nicht gleichbehandelt. In Gesetzen steht, dass Frauen bei vielem, was sie tun, ihre Männer um Erlaubnis fragen müssen. Wenn sich zum Beispiel eine Frau von ihrem Mann trennen möchte, muss sie dies bei einem Gericht beantragen und genau angeben, weshalb sie dies möchte. So weit so gut. Allerdings muss der Mann es seiner Frau einfach nur mitteilen (zum Beispiel schreiben oder sagen). Und so gibt es viele andere Beispiele, bei denen Frauen schlechter behandelt werden und von Männern abhängig sind.

Viele reden deshalb über einen Boykott der WM – doch was bedeutet es und wie könnte er aussehen?

Boykottieren bedeutet, dass man mit (den Handlungen von) Personen, Firmen, Regierungen oder Organisationen nicht einverstanden ist und dies klarmacht, indem man nichts mit ihnen zu tun hat und den Kontakt abbricht. Das soll die Personen, Firmen, Regierungen oder Organisationen unter Druck setzten. Der Begriff kommt aus den 19. Jahrhundert.

Viele Personen möchten die WM wegen den oben genannten Gründen boykottieren. Ein Boykott könnte wie folgt aussehen:

  • Spieler/Mannschafts-Boykott: Die Mannschaft oder einzelne Spieler spielen nicht mit.
  • Politischer Boykott: Normalerweise kommen bei einem so wichtigem Sportevent viele wichtige Politiker zusammen, schauen das Spiel, feiern und reden mit wichtigen Personen. Diese können es lassen und die WM somit boykottieren (zum Beispiel wie bei den olympischen Spielen in China).
  • Boykott der Sponsoren: Firmen, die normalerweise Werbung für die WM machen, könnten es diesmal nicht machen (so wie zum Beispiel Firmen aus den Niederlanden und aus Dänemark).
  • Boykott der TV-Sender: Die Fernsehsender, die normalerweise die WM ausstrahlen, könnten dies unterlassen. Das soll Druck auf die FIFA ausüben und außerdem ist dabei immer sehr viel Geld im Spiel. Aber: die Verträge wurden schon vor sehr langer Zeit unterschrieben und das Geld ist bereits überwiesen.
  • Boykott der Kneipen: Die Kneipen könnten die Spiele der WM einfach nicht zeigen.
  • Boykott der normalen Fernseh-Zuschauer: Einfach die Spiele nicht anschauen, weder zuhause noch einer Bar.

Würde dieser Boykott etwas bringen?

Die Entscheidung über die Tatsache, dass die Fußball WM 2022 in Katar stattfinden wird, wurde schon vor vielen Jahren getroffen und kann nicht mehr geändert werden – zumal die WM schon begonnen hat. Außerdem würde es die Schäden, welcher der Stadienbau gebracht hat, nicht wiedergutmachen. Es würde auch nicht direkt vieles an der generellen Lage in Katar ändern.

Sollten wir die WM anschauen?

Ein wirksamer Boykott hätte bereits vor 12 Jahren stattfinden müssen. Damals gab es eine realistische Chance, etwas zu verändern. Heute eher nicht mehr. Ebenfalls wirksam ist ein Boykott wie ich dies unter 1) bis 4) beschreibe. Die Punkte 5) und 6) sind eher weniger wirksam. Also bleibt es letzten Endes jedem selbst überlassen, ob man die WM anschaut oder nicht. Man kann für sein eigenes Gewissen darauf verzichten. Aber ob man sich die Spiele anschaut oder nicht, würde nichts an der generellen Lage in Katar ändern. Und seien wir mal ehrlich: Wer würde es denn wirklich mitbekommen, wenn bei uns der Fernseher das Fußballspiel nicht überträgt? Wir haben keinen Quoten-Zähler, und ich kenne auch niemanden, der einen solchen Zähler hat. Also würde es schließlich niemand mitbekommen. Wäre dies dann noch ein wirksamer Boykott? Ich denke nein.

Cristina Braun

Wie also haben sich die Verhältnisse vor Ort seit der WM verändert und wie sollte man sich zur WM Verhalten?
Seit Mai dieses Jahres startete ein Zusammenschluss von Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und Fangruppen eine weltweite Kampagne. Dabei fordern sie die FIFA und Katar dazu auf, die Arbeitermigranten für die Menschenrechtsverletzungen zu entschädigen. Viele Fußballer, Fangruppen und Sponsoren von der Fußball-Weltmeisterschaft unterstützen die Kampagne auch in der Öffentlichkeit. Jedoch weder Katar noch die FIFA haben bisher darauf reagiert.
Es gibt viele unterschiedliche Meinungen zum Anschauen der Fußball-WM. Manche haben nichts dagegen, manche unterstützen die Fußball-WM jedoch gar nicht. Beispielsweise geht der portugiesische Staatspräsident direkt zum ersten WM Spiel. Außerdem finden Leute, dass die Weltmeisterschaft noch nie in muslimischen Ländern ausgetragen wurde und deshalb Katar eine gute Wahl für den Austragungsort der diesjährigen WM ist. Andere sagen jedoch, dass Geld keine Rechtfertigung für Menschenrechtsverletzungen ist. Sie betonen, dass man den Fernseher auslassen und die WM nicht schauen sollte.

Ali & Mika

Quellen (Auszug):
Kritik an Fußball-WM: Menschenrechtsverletzungen in Katar – ZDFheute, Fußball-WM in Katar: Einschalten oder nicht? | eurotopics.net
WM in Katar | Amnesty International