Wie kam es zur Stuttgarter Krawallnacht?

Was sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 in der Stuttgarter Innenstadt ereignete ist dem Großteil der Leserschaft bekannt. Für jene, die es nicht wissen, hier noch einmal eine kleine Zusammenfassung:

Es kam in dieser Nacht zu erheblichen Aufständen und Gewaltausbrüchen gegenüber der Polizei. Als wenn das nicht schon gereicht hätte, kam es darüber hinaus noch zu Randalen und Plünderungen der sich in der unmittelbaren Nähe des Geschehens befindenden Geschäfte in der Königsstraße. Trotz vollstem Einsatz der Behörden (u. a. durch Sperrung der Gebiete und Einsatz von Tränengas) und Verstärkung aus ganz Baden-Württemberg gelang es der Polizei nur bedingt dieses unerhörte Verhalten einzudämmen. Die bisher gefassten Täter, darunter fast ausschließlich Jugendliche und junge Erwachsene wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Nun wurden Fahndungsfotos der noch gesuchten Mittäter veröffentlicht, um diese zur Rechenschaft zu ziehen. Daraufhin stellten sich einige der Gesuchten. Die Polizei hofft weiterhin auf die Solidarität ihrer Mitmenschen, um die noch gesuchten Täter zu fassen.

Was viele aber nicht wissen, ist dass der vermeintliche Grund für derartige Ausschreitungen die Polizeikontrolle eines Jugendlichen aufgrund des Verdachts des Besitzes von Betäubungsmitteln ist und wie es der Zufall so will habe ich diese Person ausfindig gemacht und zu einem Interview überzeugen können. Namen und persönliche Daten dieser Person werden nicht genannt, um von einer strafrechtlichen Verfolgung abzusehen.

Hallo, es freut mich, dass du hier bist. Kommen wir zur ersten Frage. Wie war das für dich als du nach Stuttgart kamst?                                                                                                                                                                                              Hallo, freut mich auch hier zu sein. Wir waren unter Freunden etwas Trinken am Schlossplatz und freuten uns auf das Wochenende.

Wie kam es zu den Ausschreitungen?                                                                                                                                                  Ich hatte etwas Cannabis bei mir und plötzlich kam mir ein Polizeiwagen entgegen. Die Polizisten sind ausgestiegen und wollten mich kontrollieren. Aus Angst vor meinen Eltern bin ich weggerannt und konnte mich dem Cannabis entledigen. Als sie mich dann gepackt haben, konnten sie nichts an mir finden, legten mir dann Handschellen an und wollten mich auf das Revier mitnehmen. Den unzähligen in der Umgebung feiernden Jugendlichen stieß das böse auf und es folgten zuerst verbale dann körperliche Angriffe.

Was war das schlimmste was du an diesem Tag gesehen hast?                                                                                                      Ich habe gesehen wie Unschuldige als auch Täter eingekesselt wurden und gleichermaßen mit Pfefferspray besprüht wurden. Außerdem war es kein schöner Anblick mit anzusehen, wie Läden geplündert wurden.

Bereust du den Tag?                                                                                                                                                                           Ich bin sehr traurig über das was passiert und würde es gerne rückgängig machen. Mich schockiert es, dass ein kleiner Funken, den ich los gesetzt habe, solch ein Schlamassel verursacht hat und das für viele Jugendliche der Anlass war, derart schlimme Straftaten zu begehen. Ich fühle mich sehr schuldig.

Was nimmst du aus diesem Erlebnis mit?                                                                                                                                  Dass ich Respekt vor der Polizei haben muss und mich anständig verhalten soll, denn ansonsten kommen aufgrund meiner Taten Unschuldige zu Schaden, wie es in Stuttgart der Fall gewesen ist.

Von was für einer Gewalt gegen Polizisten reden wir?                                                                                                                    Es war alles dabei, von Beleidigungen bis hin zum Werfen von Stühlen auf Polizisten und Polizeiautos. Mehrere Polizeiautos wurden komplett demoliert und Polizisten angegriffen.

Das war sehr aufschlussreich. Vielen Dank für das Interview!                                                                                                      Ich danke dir und zwar dafür, dass du mir eine Stimme gegeben hast, die ich sonst nicht hätte ohne mich vor der Polizei zu fürchten.

Dieses für die Allgemeinheit sehr wertvolle Interview bringt Licht in die Geschehnisse dieser dunklen Nacht und beleuchtet zudem noch die Gegenseite, welche von den Medien außen vor gelassen wird. Um diesen Kontrast und die Abscheulichkeit der an dieser Nacht geschehenen Taten zu veranschaulichen, habe ich mir die Mühe gemacht, die Krawallnacht mittels gestalterischer Ausschmückungen zu visualisieren:

Doch was treibt Jugendliche zu solchen Schandtaten?

Dies hängt von sehr vielen Faktoren ab. Angefangen damit, dass sich Jugendliche (vor allem in der Corona Pandemie) ungehört und missverstanden fühlen, bis hin zur Legitimation brutaler Gewalt aufgrund belangloser Gründe, wie es in Stuttgart leider der Fall gewesen ist. Weitere Gründe hierfür könnten aber auch die Glorifizierung falscher Leitbilder und ein toxisches Männlichkeitsbild sein. Ebenfalls könnten Alkohol und Drogen für eine Verschärfung der Situation verantwortlich sein. Für viele war die Ausnutzung der polizeilichen Autorität ein ausschlaggebender Punkt. Ob das nun solch ein Verhalten rechtfertigt ist anzweifelbar. Denn nichts rechtfertigt auch nur annährend solch eine Verwüstung und Terror. Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass nicht jeder aus gleichem Motiv gehandelt hat, da jeder Mensch verschieden ist und andere Bewegpunkte hat. Jeden vor Ort anwesenden zum Mittäter zu deklarieren ist allerdings falsch und mehr als unzureichend. Woran es im Endeffekt wirklich gelegen hat lässt sich nur schwer erahnen. Wir hoffen aber, dass sich solch eine Nacht nie wieder ereignet, da das Bedauerlichste daran ist, dass vor allem Unbeteiligte zu Schaden gekommen sind und das drastisch.

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